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Zu meiner Malerei und Performance

Ich erforsche Farbe in ihren unterschiedlichen Aspekten, ihrem Wesen. Zum Beispiel Rot: Scharlachrot kann je nach Intensität des Farbauftrags zart wie ein Rosenblatt oder wild und feurig sein. Welche Formen nimmt das Rot an? Welchen Rhythmus hat das Rot, wonach verlangt es, wie klingt es? Wie verhält sich das Rot, wenn es grüner, blauer oder gelber im Farbton wird? All diesen Fragen begegne ich im Verlauf des bildnerischen Prozesses. Mir geht es nicht darum, sie intellektuell oder systematisch zu beantworten. Sie stellen sich jedes Mal neu und anders, wenn ich den Farben "nachspüre". Die Farbe ist mein Gegenüber und zugleich ein Teil von mir. Ich erlebe sie als Naturwesen mit unterschiedlichen Charakteren. Durch den intensiven Dialog mit der Farbe ergibt es sich, dass sie physisch erlebbar wird, sie dehnt sich aus - über den Bildraum hinaus, wird zu Bewegung und Tanz. In meinen Performances bewege ich mich in ihrem Feld, nämlich den Projektionen meiner Bilder. Ich lasse die Farben wie unterschiedliche Persönlichkeiten durch den Körper sprechen und erzähle meine Geschichte im Licht ihrer Projektion.

Im Bild arbeite ich mich im Wechsel von Intuition und Reflektion durch viele Schichten hindurch. Bevorzugt verwende ich Pigmente mit Acrylbinder oder Ei. Farbe ist die Landschaft, in der ich mich bewege. Die Natur ist meine Inspirationsquelle. Während des Malprozesses tauchen Naturerlebnisse wieder auf und zeigen sich atmosphärisch im Bild. Sowohl im Tanz, als auch in der Malerei interessiert es mich, mit Gegensätzen zu arbeiten. Im Bild können die unterschiedlichen Kräfte sein: Waagerechte und Senkrechte, Fläche und Linie, Bewegung und Ruhe, Kraftvolles und Zartes, Verdichtung und Transparenz … Das Malen ist für mich ein meditativer Prozess, der Zeit braucht. Idealerweise entwickelt sich im Verlauf des Malprozesses die Form aus der Farbe heraus: Wenn ich mit Schlagmetall oder Blattgold arbeite, die schon wegen ihrer Beschaffenheit nach einer Form streben, gehe ich von der Form aus. Sie verändert sich und wird durchbrochen, bewegt von der Farbe. Ich versuche im Bild die beiden Pole Farbe und Form - Fließendes und Festes, Auflösung und Struktur - anzunähern. So kann die Farbe an Tiefe gewinnen.

In der Erarbeitung einer Performance ist es ähnlich: Entweder gehe ich von einer Erzählung, einem Charakter aus, der sich in einem oder verschiedenen Atmosphären oder Farbfeldern bewegt und gebe ihm, indem ich nach ihm entsprechenden Bewegungen suche, Form und Rhythmus. Oder ich spüre den Bewegungen und Formen, die ich mit dem Körper entdecke, nach. Sie sind nicht zufällig oder austauschbar. Sie füllen sich mit Farben in organischer Weise - so finde ich durch die Bewegung zum Ausdruck und es entsteht eine Geschichte. Das bedeutet für mich Butoh. Ich lade den Betrachter ein, seiner Wahrnehmung zu folgen, einzutauchen in die Farbatmosphären meiner Bilder, sich zu erinnern an Zartes, Kraftvolles, Vergessenes … Mit meinen Performances möchte den Zuschauer überraschen und verzaubern.

München, den 6.12.2016





Inner movement - about the new pictures by Anna Lamberz
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Innere Bewegung - Anmerkungen zu den neuen Bildern von Anna Lamberz

Wollen und müssen eigentlich die Bilder von Anna Lamberz erklärt und verstanden werden, oder reicht es, sie zu erleben? Diese Frage drängt sich spontan auf, wenn man eine Ausstellung ihrer Bilder betritt. Die Atmosphären, die die Bilder ausstrahlen, zeugen von einer tief empfundenen spirituellen Weltsicht, in die einzutauchen es sich lohnt.

Doch zunächst einige biographische Hinweise. Aufgrund eines mehrjährigen Forschungsauftrags ihres Vaters, eines Byzantinisten, wuchs Anna Lamberz mit ihrer Familie auf der Sithonia, einer Halbinsel im Norden Griechenlands auf. Die vielen Reisen zu Ausgrabungsstätten, Museen und Kirchen mit ihren Ikonendarstellungen hinterließen bei ihr einen tiefen Eindruck und eine Faszination für die Mythologie und das Sakrale, die bis heute ihre künstlerische Arbeit beeinflusst. Schon in früher Kindheit unternahm sie allein weite Wanderungen am Meer und in den Bergen. Diese frühen Naturerlebnisse und Reisen in die Einsamkeit der Natur, prägen ihr Kunstschaffen und bedeuten ihr Antrieb und Inspiration. Das Studium der Malerei an der Akademie der Bildenden Künste in München erweiterte sie mit einem Aufbaustudium "Bildnerisches Gestalten und Therapie". Seit 1995 setzt sie sich intensiv mit zeitgenössischem, traditionellem afrikanischen und afrobrasilianischen Tanz und Butho, einem zeitgenössischem japanischen Tanz auseinander.

Wenn man von Malerei spricht, geht es vor allem um Farbe. Und reine Malerei heißt, dass die Farbe als Grundstoff des Malens eingesetzt wird, ohne Illusion zu erzeugen. Farben sind dann gleichzeitig Bildmaterial und Bildgegenstand. Absicht dabei ist es, die Farbe von ihrer Funktion zu befreien. Die Farbe selbst wird zum Gegenstand und erhält dadurch den Eigenwert, der die Bedingung für die Autonomie des gemalten Bildes als selbständige Realität darstellt. Lawrence Alloway, der bekannte Kunstkritiker aus dem New York der 60er- und 70er-Jahre, sagte über die Malerei von Marc Rothko: "A painting is not a picture of an experience, it is an experience."

Lassen wir uns also auf die Bilder von Anna Lamberz ein, für die ich spontan den Begriff "Innere Bewegung" gefunden habe. In ihren Bildern wird die Wirkung der Farbe deutlich spürbar. Die meist monochromen, gelegentlich auch mit Bunt- und Komplementärkontrasten gestalteten Bildflächen, lassen den Betrachter in Farbräume eintreten. Das Auge erkennt Farbfelder, tastet darin nach Formen und schemenhaften Figuren. Der Bildaufbau mit einfachen Formen meist geometrischen Charakters erweist sich als deutlich sichtbares Organisationsprinzip aller Bilder und führt wieder zurück auf ein konzentriertes Farberleben. Dabei wird deutlich, Anna Lamberz schafft Atmosphären. Die Farbe soll ihrer Schwingung gemäß Leben wachrufen, erinnern an Qualitäten und Aspekte des Menschen und seiner Umwelt. Die Malerin forscht nach den vielfältigen Spektren, aus denen sich das "heilsame" Ganze zusammensetzt. Sie transformiert ihr elementares Erleben aus dem Tanz, der Natur und der Musik in Farbe und Form. Die Ausdruckskraft und Schwingung der Farbe in ihren Bildern wecken im Betrachter Empfindungen wie Vitalität, Wärme, Erregung, Leidenschaft aber auch Ruhe, Sicherheit oder Ausgeglichenheit. Die Bilder von Anna Lamberz streben, und das meine ich mit "innerer Bewegung", mit großer Kraft auf diese Erfahrungsebene hin.

Das Format, die Dimensionen der Bilder von Anna Lamberz ist auf die menschliche Körpergröße bezogen, ich würde sagen, so weit die Arme beim Malen reichen. Es verlangt deshalb nach möglichst großer Ausdehnung, damit der Betrachter in die Farbräume eintreten kann. Die Ausgangsmaterialien der Bilder, also die Farben, heißen Chromoxidgrün, Phthalocyaningrün, Ultramarinblau, Kobaltblau, Indigo, Pariserblau, Indischgelb, Lichter Ocker, Zinnober- und Karminrot, Krapplack, Umbra natur und gebrannt, usw. aber auch und besonders das Gold, das Licht auf besondere Weise reflektiert. Mit diesen Stoffen, dieser Materie erreicht Anna Lamberz in einem stetigen, vorsichtig tastenden Malprozess, der sich über längere Zeit entwickelt, eine hohe malerische und ästhetische Qualität im Bild.

München im Mai 2011, Reinhard Fritz, Neue Gruppe Haus der Kunst